Raser haftet trotz Vorfahrt zu 70% für Unfall

Straßenverkehr:

Das OLG Hamm (Az.: 9 U 43/15) hat festgestellt – Raser haftet trotz Vorfahrt zu 70% für Unfall

Die erhebliche Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, im zu entscheidenden Fall 121 km/h statt zugelassener 50 km/h, durch einen vorfahrtberechtigten Motorradfahrer vor dem Zusammenstoß mit einem aus einer rechtsseitig gelegenen, untergeordneten Straße kann eine Haftung des Motorradfahrers zu 70% rechtfertigen. Allerdings haftet auch der Pkw-Fahrer zu 30%, wenn der Unfall nur deswegen geschehen ist, weil er den Verkehr auf der Vorfahrtstraße nicht ausreichend beachtet und deswegen die hohe Geschwindigkeit des Motorrads nicht erkannt hat.

Vorliegend war der befragte Sachverständige zu dem Ergebnis gekommen, daß eine ebenfalls unfallursächliche Vorfahrtsverletzung des Pkw-Fahrers vorliege.

Gelbe Ampel verpflichtet nach Möglichkeit zum Anhalten

Straßenverkehr:

Das OLG Hamm (Az.: 6 U 13/16) hat festgestellt – eine Gelbe Ampel verpflichtet nach Möglichkeit zum Anhalten.

Ein Verkehrsteilnehmer verstößt gegen das Gebot, beim Wechsel einer Ampel von Grün auf Gelb anzuhalten, wenn er mit seinem Fahrzeug in den Kreuzungsbereich einfährt, obwohl er mit einer normalen Betriebsbremsung zwar jenseits der Haltelinie, aber noch vor der Ampelanlage hätte anhalten können.

Der Verkehrsteilnehmer müsse, an der Gelblicht zeigenden Ampelanlage anhalten, wenn er mit normaler Betriebsbremsung noch vor der Ampelanlage zum Stehen kommen könne. Andernfalls gefährde er den Querverkehr in einer nicht hinnehmbaren Weise. Dies gelte besonders, wenn er  ein großes und schwerfälliges Fahrzeug lenke, mit dem er bei Gelblicht nur langsam in den Kreuzungsbereich einfahren könne.

Neuer Betriebskostenspiegel für Deutschland

Mietrecht:

Neuer Betriebskostenspiegel für Deutschland

Mieter müssen nach aktuellen Erhebung des Deutschen Mieterbundes im Durchschnitt 2,17 € je m² und Monat für Betriebskosten zahlen.

Unter Berücksichtigung aller denkbaren Betriebskostenarten können die Betriebs- und Nebenkosten, die sogenannte “zweite Miete” bis zu 3,18 € je m² und Monat betragen.

In den östlichen Bundesländern kamen die Erhebungen des Deutschen Mieterbundes sogar auf 2,27 € je m² und Monat. Hierbei lagen die Kosten für Heizung und Warmwasser etwa 11 % und die Kosten für die Wasserversorgung einschließlich Abwasser etwa 15 % über den Durchschnittswerten der westlichen Bundesländer. Allgemein wurden relativ große, regionale Unterschiede festgestellt.

Im Abrechnungsjahr 2014 lag der Durchschnitt der Kosten für Heizung und Warmwasser bei 1,39 € je m² und Monat. Für die Abrechnung 2015 wurde insoweit von diesbezüglich stabil bleibenden Werten ausgegangen.

Neues Meldegesetz – Änderungen für Vermieter und Mieter

Zum Monatsbeginn November 2015 trat eine Neuregelung des Meldegesetzes in Kraft. Dieses auch mit Auswirkungen für Vermieter und Mieter.

Danach gilt, wer zuzieht oder auch innerhalb einer Gemeinde umzieht, ist jetzt verpflichtet dies innerhalb von zwei Wochen zu melden. Hierzu muß der Mieter jetzt bei der Anmeldung beim Einwohnermeldeamt eine Wohnungsgeberbestätigung vorlegen.

Hiermit bestätigt der Vermieter die Überlassung der Wohnung und damit auch den tatsächlichen Bezug der Wohnung.

Der Vermieter ist aufgrund dieser Neuregelung dazu verpflichtet, diese Bescheinigung auch auszustellen.

Sollte ein Vermieter eine solche Bescheinigung zum Schein ausstellen oder nur als eine Form von Gefälligkeit, d.h. kommt es gar nicht zu einer Überlassung der Wohnung oder erfolgt der Bezug der Wohnung gar nicht, kann es im schlimmsten Fall zu einer Strafe von bis zu 50.000 Euro kommen.

Hintergrund der Neuregelung ist die Unterbindung von Scheinmietverhältnissen gekommen und einer hierauf basierenden Inanspruchnahme von Sozialleistungen.

Abrechnung von Unfallschäden in der Fahrzeugkaskoversicherung auf Gutachtenbasis

Der BGH hat heute entschieden, dass auch bei einer fiktiven Abrechnung von Unfallschäden in der Kaskoversicherung, d.h. wann es zu einer tatsächlichen Reparatur nicht kommt, unter bestimmten Voraussetzungen die Aufwendungen, die bei Durchführung der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt anfallen würden, ersatzfähig sind und der Versicherungsnehmer sich von seinem Versicherer nicht auf die niedrigeren Kosten einer “freien” Werkstatt verweisen lassen muss.

Der Bundesgerichtshof hat hiermit aber lediglich entschieden, daß die Aufwendungen für die Reparatur in einer markengebundenen Werkstatt abhängig von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles als “erforderliche” Kosten angesehen werden. Eingeschränkt wird dieses insoweit, dass der Versicherungsnehmer von der Kaskoversicherung die Aufwendungen für eine markengebundene Werkstatt nur dann ersetzt verlangen kann, wenn nur in der Markenwerkstatt eine vollständige und fachgerechte Instandsetzung seines Fahrzeugs möglich ist oder aber es sich um ein neueres Fahrzeug oder um ein solches Fahrzeug handelt, das stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt gewartet und repariert wurde.

Nach der heutigen Entscheidung des BGH ist dieses vom Versicherungsnehmer darzulegen und zu beweisen.

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/list.py?Gericht=bgh&Sort=3&Art=pm

BGH bestätigt EuGH: Musik in einer Praxis ist keine öffentliche Wiedergabe und daher GEMA-frei

 

Eigentlich möchte ein Arzt ja auch nur seiner Arbeit nachgehen. Ein Zahnarzt wurde dabei aber kürzlich gestört – allerdings nicht etwa von der selbst ausgewählten Musik in der Praxis, sondern vielmehr von der GEMA, der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte.

Der Zahnarzt spielte im Wartebereich seiner Praxis Musik aus dem Radio ab. Im Jahr 2003 hatten der Zahnarzt und die GEMA einen Lizenzvertrag abgeschlossen, in dem sie vereinbart hatten, dass der Arzt das Radio einschalten darf, wenn er dafür eine Vergütung zahlt. Die GEMA nimmt die Gebühren für Komponisten, Textdichter und Musikverleger ein. Im Dezember 2012 kündigte der Zahnarzt diesen Vertrag und bezog sich auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Danach stellt die Hintergrundmusik im Wartebereich keine öffentliche, vergütungspflichtige Wiedergabe dar. Die GEMA verklagte daraufhin den Zahnarzt auf Zahlung. Dies allerdings zu Unrecht, wie der Bundesgerichtshof urteilte. Der Zahnarzt durfte den Lizenzvertrag fristlos kündigen, weil die Geschäftsgrundlage durch die Entscheidung des EuGH entfallen war. Deshalb musste der Zahnarzt auch nichts zahlen.

Hinweis: Die Entscheidung des BGH ist zu begrüßen, da sie das Urteil des EuGH konsequent umsetzt.

Quelle: BGH, Urt. v. 18.06.2015 – I ZR 14/14

Verkehrssicherheit: Voraussetzungen für die fiktive Schadensabrechnung

 

Bei der fiktiven Schadensabrechnung ist nicht nur das Behalten des Fahrzeugs für mindestens weitere sechs Monaten erforderlich, sondern auch die Gewährleistung für dessen Verkehrssicherheit.

Bei einem unverschuldeten Verkehrsunfall wurde ein Pkw so erheblich beschädigt, dass nach Auffassung eins Kfz-Sachverständigen unter anderem ein Austausch des Lenkgetriebes notwendig war. Der Geschädigte führte die Reparatur des Fahrzeugs jedoch nicht durch und rechnete gegenüber der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners den Schaden fiktiv ab. Er behauptete, das Fahrzeug auch ohne einen Austausch des Lenkgetriebes fahren zu können. Das tat er dann auch über den Zeitraum der vorgeschriebenen Mindestzeit von sechs Monaten. Doch die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers trat dem entgegen und rechnete den Schaden auf Totalschadenbasis ab.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Hamburg konnte im vorliegenden Fall eine Abrechnung nur auf Totalschadenbasis erfolgen. Denn Voraussetzungen für eine fiktive Abrechnung sind zum einen, dass der Geschädigte das Fahrzeug mindestens sechs Monate weiterhin nutzt, zum anderen, dass die Verkehrssicherheit dafür gewährleistet ist. Weil der Geschädigte aber das von dem Gutachter für erforderlich gehaltene Austauschen des Lenkgetriebes nicht durchführte, fehlte es hier genau daran.

Hinweis: Liegen die vom Sachverständigen ermittelten Reparaturkosten unterhalb des Wiederbeschaffungswerts, kann der Geschädigte grundsätzlich die Nettoreparaturkosten ersetzt verlangen (fiktive Abrechnung). Dass diese Verfahrensweise auch an Bedingungen geknüpft ist, zeigt diese Entscheidung, die der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entspricht.
Quelle: OLG Hamburg, Urt. v. 08.04.2015 – 14 U 112/14 

Unfallmanipulation: Unbeherrschbarer, gefährlicher Unfallhergang spricht gegen eine Absprache

 

Die Unbeherrschbarkeit und die besondere Gefahrenträchtigkeit des Unfallhergangs sind wichtige Umstände, die gegen eine Unfallmanipulation sprechen.

Im Bereich einer Baustelle auf einer Bundesautobahn kam es zu einem Verkehrsunfall, weil ein Pkw-Fahrer von der rechten auf die linke Spur hinüberzog und dort mit einem anderen Fahrzeug kollidierte, das daraufhin gegen die Leitplanke fuhr. Die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers lehnte die Zahlung von Schadensersatz mit der Begründung ab, der Unfall sei vorsätzlich herbeigeführt worden.

Das Oberlandesgericht Köln (OLG) sprach den Schadensersatz dennoch zu. In der Entscheidung weisen die Richter darauf hin, dass wesentliche, für einen fingierten Unfall typische Beweisanzeichen fehlen. Von Bedeutung war für das OLG der Unfallablauf. Zum einen ist die Kollision nicht durch ein Fahrmanöver des Fahrers eingeleitet worden, der auf der linken Fahrspur fuhr. Dies ergab sich nach Vernehmung der Unfallzeugen. Weiterhin haben die Zeugen in ihren Aussagen einen Unfallablauf dargestellt, der mit einer offensichtlichen und erheblichen Gefahr für Leib und Leben der beteiligten Fahrer verbunden war. Diese bestehende Unbeherrschbarkeit und insbesondere die Gefahrenlage des Unfallereignisses sind wichtige Umstände, die gegen einen manipulierten und somit vorsätzlich herbeigeführten Unfall sprechen. Schließlich hat ein vom Gericht bestellter Sachverständiger bestätigt, dass der Unfallhergang, den der Fahrer des auf der linken Spur fahrenden Autos geschildert hatte, zutreffend sein kann. Auch aus der Vernehmung beider Fahrer ergaben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass sie den Unfallhergang abgesprochen hatten.

Hinweis: Ob ein Unfall vorsätzlich herbeigeführt und insofern manipuliert ist, sodass Schadenersatzansprüche ausgeschlossen werden können, ist anhand des Einzelfalls zu beurteilen. Gerichte müssen mit Hilfe von Indizien klären, ob von einem gestellten Unfall auszugehen ist. Einzelne Indizien müssen ein Mosaik bilden, das in der Gesamtheit auf eine Unfallmanipulation hinweist.
Quelle: OLG Köln, Urt. v. 22.04.2015 – 11 U 154/14 

 

Volksentscheid gegen die Gerichtsstrukturreform 2015

Am 6. September 2015 kommt es darauf an, das Kreuz an der richtigen Stelle zu machen.

Die Landesregierung möchte mit der Gerichtsstrukturreform diverse Amtsgerichte im Land schließen. Unter anderem auch unser Amtsgericht in Wolgast, nachdem im Zuge dieser Reform vor zirka einem Jahr schon das Amtsgericht Anklam geschlossen wurde.

Die Wege und damit die Kosten und der Zeitaufwand werden immer höher, wenn der Reform kein Einhalt geboten wird.

Mit dem Sammeln von mehr als 120.000 Stimmen gegen die „Reform“ wurde das nunmehr am 06. September 2015 stattfindende Volksbegehren erzwungen.

Ziel der Reform, von der Teile bereits umgesetzt sind, ist, von ursprünglich 21 Amtsgerichten fünf zu schließen und sechs in Außenstellen umzuwandeln. Das Amtsgericht Anklam wurde bereits zu einer Außenstelle des Amtsgerichts Pasewalk gemacht. Das Amtsgericht Wolgast schließt nunmehr zum 31.08.2015 seine Pforten.

Wer gegen die Reform ist, muss beim Volksentscheid “Ja” ankreuzen, um die Reform rückgängig zu machen.stimmzettel

Die Hürden für einen Erfolg des Volksentscheides und damit den Erhalt der funktionierenden Strukturen ist jedoch hoch. Um mit einem „Ja“ beim Volksentscheid das Gesetz zur Gerichtsstrukturreform zu stoppen, muss die Mehrheit der Abstimmenden, mindestens aber ein Drittel der Wahlberechtigten mit „Ja“ stimmen.

Das entspricht rund 450.000 Stimmen, weshalb alle Kräfte und die Stimmen aller Wahlberechtigten mobilisiert werden müssen, um, nachdem der Volksentscheid mit mehr als 120.000 Stimmen erzwungen wurde, nunmehr auch den Willen der Bevölkerung zu erzwingen, nämlich die funktionierenden Strukturen zu erhalten.

Kurz einige Beispiele für die Auswirkungen:

  1. Früher wurden Kündigungsschutzklagen um den Bestand eines Arbeitsverhältnisses für die Insel Usedom in Anklam am dortigen Amtsgericht verhandelt. Jetzt finden diese Verfahren in Neubrandenburg statt. Allein die Wegstrecke zwischen Anklam und Neubrandenburg sind hin und zurück ca. 100 km, die nunmehr mehr zurückgelegt werden müssen. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Neubrandenburg zu kommen, ist darüber hinaus äußerst schwierig.
  2. Mietstreitigkeiten über Mängel in der Wohnung, wie z.B. Schimmelbildungen mit daraus resultierenden Mietminderungen, Familiensachen, wie z.B. Scheidungen, Kindesunterhaltssachen u.ä., wurden bisher in Wolgast am dortigen Amtsgericht verhandelt. Diese werden nunmehr nach der Reform in Greifswald zu verhandeln sein. Allein die Wegstrecke zwischen Wolgast und Greifswald sind hin und zurück ca. 60 km, die nunmehr mehr zurückgelegt werden müssen.
  3. Alle Unterlagen, die gegebenenfalls beim Gericht eingeholt werden müssen, wie z.B. Beratungshilfescheine für eine kostengünstige Rechtsberatung, Erbscheine, Grundbuchauszüge etc. sind in Zukunft nicht mehr in Wolgast zu erlangen, sondern dafür führt der Weg nunmehr nach der Reform immer nach Greifswald.

Auch wer heute meint, ihn betrifft dieses nicht, wird sich früher oder später den Folgen dieser bürgerfeindlichen Reform stellen müssen und die aus dieser resultierenden Mehraufwendungen für den Einzelnen tragen müssen.

Deshalb muß beim Volksentscheid am 06. September “Ja” angekreuzt werden, um die Reform rückgängig zu machen.

Wer am 06. September nicht ins Wahlbüro gehen kann, hat schon jetzt die Möglichkeit der Briefwahl.

Die Unterlagen dafür können schriftlich oder mündlich beantragt werden. Es besteht die Möglichkeit, sie bei der Gemeindewahlbehörde abzuholen oder gleich dort zu entscheiden.

In wenigen Minuten ist dieses erledigt und man trägt dazu bei, hier einer extrem bürgerfeindlichen Reform Einhalt zu gebieten.

Machen Sie von Ihrem demokratischen Recht zur Wahl bei diesem Volksentscheid Gebrauch und signalisieren der Landesregierung, daß diese Reform nicht im Interesse der Bürger ist.